Am 28.06.2023 lud das Clusterteam Natürliche Ressourcen zur ersten Veranstaltung des Jahres ein. Unter dem Titel „Blau-Grüne Infrastrukturen – Ein Ansatz zwischen Wunsch, Notwendigkeit und Befindlichkeiten.“ begrüßten die Leiter Dr. Joachim Nöller (UFZ) und Dr. Jürgen Wummel die rund 20 Teilnehmenden im Leipziger KUBUS.

Durch den Klimawandel und den einhergehenden Dürre- und Hitzeperioden sowie Starkregenereignissen begegnet die Stadt(grün)entwicklung wachsenden Herausforderungen, die neben einer integrierten Planung und raschen Umsetzung auch eine wissenschaftliche Begleitung für Lösungsansätze bedarf. Dazu standen André Berthold (Leipziger Wasserwerke), Constantin Suppee (Amt für Stadtgrün und Gewässer Stadt Leipzig) als auch Dr. Frank Hüesker (UFZ) nach ihren Impulsvorträgen für die Fragen der interessierten Zuhörer bereit.

Herr Berthold betonte zu Beginn seines Vortrags noch einmal die klimatischen Veränderungen und daraus resultierenden Anforderungen an das Wassermanagement einer immer noch stark wachsenden Stadt wie Leipzig. Im Zuge der öffentlichen Diskussionen um die energetische Transformation in Deutschland sollte es dementsprechenden auch einen Diskurs zum Begriff Wasserwende geben.

Die Leipziger Wasserwerke haben die neuen Anforderungen bereits seit einigen Jahren in verschiedenen Aktivitäten aufgegriffen und unter anderem eine „Wasser 2030“-Strategie erarbeitet. Im Rahmen der Umsetzung der überarbeiteten Generalentwässerungsplanung ist es Ziel, mindesten 20-25% an Flächen aus dem Kanalsystem (Höfe, Straßen, Gebäude) mit Hilfe von wassersensiblen Stadtentwicklungsmaßnahmen auszukoppeln. Mit Maßnahmen der Versickerung, Speicherung und Verdunstung von Niederschlagswasser, der Schaffung von Retentionsflächen, einer Entsiegelung von Flächen soll dem Konzept der Schwammstadt Rechnung getragen werden. Für die dafür nötige Umsetzung wurden zum einen durch die Risikovorsorge mit bspw. einer Starkregengefahrenkarte und zum anderen durch eine intensive Öffentlichkeitsarbeit mit u.a. Leitfäden zur Starkregenvorsorge und Niederschlagsbewirtschaftung wichtige Grundlagen geschaffen.

Für die koordinierte und integrierte Umsetzung wurde ein Lenkungsnetzwerk zur wassersensible Stadtentwicklung „Leipzig und Region“ durch die Leipziger Wasserwerkt, die Stadtverwaltung Leipzig als auch dem Zweckverband für Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung Leipzig-Land ins Leben gerufen. Thematisch widmet man sich dort dem Wasserhaushalt der Stadt, der wassersensiblen Entwicklung der urbanen Infrastrukturen sowie der diesbezüglichen Datenaufnahme und -verarbeitung.

Im zweiten Vortrag des Abends wies Herr Suppee noch einmal daraufhin, dass neben den technischen Herausforderungen auch die grün-blaue-Infrastruktur im Spannungsfeld steht. Das Stadtgrün und die Gewässer bilden als naturbasierte Lösungen einen entscheidenden Baustein der wassersensiblen Stadtentwicklung und gehen dabei mit vielen Synergien, wie der Förderung der biologischen Vielfalt oder der Schaffung von Erholungsräumen einher. Gleichzeitig ist das städtische Grün durch langanhaltende Trockenphasen durch starke Vitalitätsverluste bedroht, sodass seine Leistungen (z.B. Verdünstungskühle) eingeschränkt werden. Als Beispiel einer gelungenen multifunktionalen Grünflächenentwicklung (Retentionsfläche, Erholung, Förderung der Biodiversität) hob Herr Suppee den 2022 fertiggestellten Stadtteilpark Rietzschkeaue Sellerhausen im Leipziger Osten hervor.

Für die Integration und Vernetzung grün-blauer Infrastrukturen im öffentlichen Raum, Neubau und Gebäudebestand spielen auch die natürlichen Landschaftsstrukturen einer Stadt eine bedeutende Rolle. Im Bauwesen und den auch damit verbundenen Unternehmen werden durch regulatorische Vorgaben als auch Förderprogramme Anreize für den Erhalt und die Schaffung von Stadtgrün geschaffen.

Mit Blick auf das gesamte Stadtgebiet erarbeitet die Stadt derzeit im Rahmen der integrierten Wasserkonzeption Handlungsansätze mit Fokus auf die Stabilisierung des Gewässerhaushalts (Hoch- und Niedrigwassermanagement), die Gewässerrenaturierung und die kommunale Vernetzung mit den wasserwirtschaftlichen Akteuren in der Region.

Des Weiteren bedient man sich umfangreicher Bürgerbeteiligungsformate. Im Zuge der Erarbeitung des Masterplans Grün – Leipzig grün-blau 2030 wurden anhand konkreter Flächen Funktionen und Potenziale einer grün-blauen Infrastruktur diskutiert und Ziele zur Sicherung und Entwicklung der blau-grünen Räume und ihrer Funktions- und Leistungsfähigkeit formuliert.

Herr Dr. Hüesker lieferte den Schlusspunkt der Vorträge mit seinem Bericht zum aktuellen Projektstand von Leipzig BlauGrün, einem BMBF geförderten Forschungsprojekt des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung GmbH – UFZ mit verschiedenen Leipziger Partnern (u.a. Stadt Leipzig, Universität Leipzig, LWB, HTWK, Wasserwerke, Stadtwerke, Tilia GmbH) und dem Umweltbundesamt.

Ziel der ersten Projektphase war es, blau-grüne Infrastrukturen im Pilotmaßstab zu untersuchen und im Co-Design in den Vorplanungsprozess des Neubauquartiers „Eutritzscher Freiladebahnhof“ (L416) einzubringen. Man führte dabei erfolgreich eine Umfrage zu rechtlichen Rahmenbedingungen in mehreren hundert deutschen Städten durch und publizierte diese unter dem Titel „Wege zum abflussfreien Stadtquartier“ mit dem Umweltbundesamt. Ein weiterer Meilenstein im Projekt war die gemeinsame Erklärung aller Projektpartner zu einer „Urbanen Wasserwende“, welche Handlungsempfehlungen an die Bundespolitik stellt.

Für die privatwirtschaftlichen Sektor wurde durch NEU e.V.-Mitglied Tilia GmbH eine Toolbox Energie entwickelt, die eine umfassende Übersicht an Technologien aus den Bereichen Wärme, Strom und blau-grünen Ansätzen bietet und an Entscheidungs- und Entwicklungsträger.

In der Phase 2 sollen nun umfassende Potenzialanalysen erstellt werden, die zur Vorbereitung der Investitionsplanungen zur blau-grüner Ertüchtigung von Bestandsquartieren erforderlich sind.

In der abschließenden Diskussion konnte noch einmal herausgestellt werden, dass die Umsetzung und Verbreitung blau-grüner Infrastrukturen vielerorts bereits pilothaft geschehen ist, es jedoch noch an Geschwindigkeit und Flächendeckung mangelt. Dies kann nur durch weitere Kommunikationsprozesse und insbesondere durch regulatorische Veränderungen hin zur Berücksichtigung wassersensibler Maßnahmen gelöst werden.

Wir bedanken uns bei allen Referierenden und Teilnehmenden für die spannende und erkenntnisreiche Veranstaltung!

Bildquelle: Schwammquartier © Artkolchose, UFZ

Fotos: Andreas Reichelt